Agape - oder: Ein paar Gedanken über Lie ...

Agape - oder: Ein paar Gedanken über Liebe

Feb 07, 2021

In unserer heutigen #montagsinspiration geht es um eine Geschichte, die schon länger immer wieder gerne in den sozialen Medien zitiert wird und mit der ich tatsächlich ein bisschen hadere, auch wenn sie immer wieder enorm viel Zuspruch erfährt. Ich bin sicher, Du kennst die Geschichte, aber der Vollständigkeit halber, möchte ich sie hier kurz wiedergeben:

Also: “Auf meinen Reisen traf ich einen weisen, alten Mann. Ich fragte ihn: “Was ist wichtiger,lieben oder geliebt zu werden?“ Er sah mich an, lächelte und sagte: „Welchen Flügel braucht ein Vogel zu fliegen, den Linken oder den Rechten?“”

Soweit die Geschichte und jetzt die Frage, die ich mir stelle: Ist der alte Herr tatsächlich weise?

Natürlich wirst Du längst gecheckt haben, dass ich darauf mit “Nein!” antworten werde, sonst würde ich ja nicht fragen. Aber ich möchte Dir auch gerne erklären, wieso ich das so sehe:

Ja, es stimmt, ein Vogel braucht beide Flügel, um zu fliegen. Das ist klar. Aber ein gesunder Vogel wird mit zwei Flügeln geboren. Der zweite Flügel wird ihm nicht geschenkt, der kommt nicht von außen oder jemandem anderen. Wenn ich aber das “Geliebtwerden” brauche, um zwei Flügel zu haben, mit denen ich dann erst fliegen kann, dann bin ich quasi von der Liebe eines anderen Menschen abhängig. Und das ist für mich nicht stimmig.

Wir bewundern Vögel oft, weil sie frei sind, zu fliegen, wohin auch immer sie der Wind trägt. Sie breiten ihre Schwingen aus und erheben sich in die Lüfte, weil sie sind, was und wie sie sind. Es findet kein Nachdenken statt. Ihr Flug ist nicht an Bedingungen geknüpft, die andere Vögel ihnen auferlegen.

Wenn ich nun als Mensch mich erst dann vollständig fühle, wenn ich geliebt werde, dann werde ich mein Leben stets in Abhängigkeiten verbringen. Ich werde alles tun, damit ich geliebt werde, denn - der obigen Geschichte folgend - ist die Liebe der anderen zu mir so wichtig, wie meine Liebe zu den anderen. Das ist für mich schlicht nicht stimmig. Es sei denn, ich habe kein Problem damit, abhängig und unfrei zu sein.

Frei bin ich dann, wenn ich mich aus ebendiesen Abhängigkeiten ENTwickelt habe, wenn ich erkannt habe, dass ich die Liebe eines anderen Menschen nicht brauche, um ganz, heil und glücklich zu sein. Schlicht, weil ich in der Lage bin, mir diese Liebe selbst zu schenken. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen:

Ich behaupte, die Grundschwingung des Universums, die Grundschwingung des RAUMS, der uns stets alle durchdringt und miteinander verbindet, IST Liebe. Es ist eine Liebe ohne Richtung, eine Liebe ohne Objekt, ohne Bedingungen. Die Griechen nannten sie AGAPE. Diese Liebe ist weniger ein Akt, sie ist vielmehr ein Seinszustand. Sie ist der Zustand, den wir erreichen, wenn wir meditieren. Wenn wir fühlen, dass wir eins sind, mit allem, was ist, wenn wir fühlen, wie uns der RAUM durchströmt, wie er uns umgibt und durchdringt, werden wir gleichzeitig von AGAPE durchdrungen und können sie, wenn wir achtsam und wach sind, fühlen.

Diese Liebe erfüllt uns, trägt und, nährt uns und macht uns unabhängig von jeglicher anderen Art der Liebe, die wir möglicherweise empfangen könnten. Es ist aber keine Liebe, die jemand anders uns schenkt. Es ist eine Liebe, die einfach DA ist. So wenig, wie wir NICHT im RAUM sein können, so wenig können wir NICHT von AGAPE durchdrungen sein. Wir werden also nicht geliebt, wir SIND Liebe.

Je mehr wir uns auf diese Möglichkeit - für mich persönlich eine Tatsache - einlassen, umso mehr werden wir erkennen, dass wir bereits ebenfalls mit beiden Flügeln geboren wurden und dass wir uns nie nach der Liebe sehnen müssen. Sie ist einfach. Das ist ein weiterer Aspekt von #einfachsein. Wir müssen nicht nach Liebe suchen.

Jetzt wirst Du vielleicht sagen: “Ja, aber es ist ja die Liebe zwischen Menschen gemeint.” Und? Muss denn, sollte denn die Liebe zwischen Menschen eine andere Liebe sein? Ist die Liebe zwischen zwei oder mehr Menschen immer ein Handel, ein Geben und Nehmen? Muss die Liebe, die ich gebe, denn immer vergolten werden? Kann man Liebe überhaupt vergelten? In dem Moment, in dem wir erkennen, dass wir Liebe SIND und das Lieben mehr Zustand als Tätigkeit ist, wird mir klar, dass ich so viel Liebe in mir trage, dass ich die von einem Gegenüber gar nicht brauche. Und genau diese Botschaft dürfen wir dann auch unserem inneren Kind vermitteln. Es ist nämlich oft der kleine Racker, der gegenrechnet, ob von den anderen ja auch genug zurückkommt.

Mir wird klar, dass ich mehr Liebe in mir trage, als ich selbst brauche, ich lebe im Überfluss und bin somit in der Lage, meine personalisierte Form (wenn man es so formulieren möchte) von Liebe weiter zu schenken. Und weil ich so viel davon habe, werde ich auch im Gegenzug nichts dafür erwarten. Wozu auch. Ich hab doch genug davon. Was sollte auch ein Vogel mit einem zusätzlichen Flügel?

Und so können zwei Vögel unabhängig voneinander, in Freiheit sich in den Himmel schwingen, weil keiner von ihnen warten muss, vom anderen einen Flügel geschenkt zu bekommen.

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