Intervalltraining: Trainieren Sie auch m ...

Intervalltraining: Trainieren Sie auch mal intensiv - oder besser noch nicht?

Sep 19, 2021

Für die "Sport und Training aktuell" (11/2009) habe ich mich mit dem Thema Intervalltraining auseinandergesetzt. Damals noch mit der Perspektive, dass Intervalltraining und hohe Intensitäten nur sehr vorsichtig in das Training integriert wurden. Dennoch kamen vermehrt Studien in die Fachliteratur, die das Intervalltraining in verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten. Das Intervalltraining wirkt, weiß man seit den 60/70 Jahren des vorherigen Jahrhunderts. Allerdings entwickelte sich daraufhin ein Hype, so dass von Langdistanz bis Radsport, von Marathon bis Kurzdistanz und erst recht im Fitnesssport eine Art Überbietungswettbewerb einzusetzen schien. Immer härter, immer komplizierte und mit vielen Heilsversprechen - ist das die Wirklichkeit, die Trainer wollen? Wir starten mit einem Einblick zum Intervalltraining, denn ich möchte einige Zusammenhänge im Intervalltraining erklären.

Auf einen Blick:

Vorstellung des Intervalltrainings als trainingsmethodische Option

Vermeiden Sie Überlastungen

So profitieren Sie von intensivem Training und verbessern Sie Ihre Leistung (kommt drauf an)

Das Grundgerüst der Leistung

Das Training in den verschiedenen Sportarten orientiert sich immer an der Beanspruchung, die in einem Wettkampf gefordert wird. So lassen sich einzelne Komponenten gezielt trainieren und verbessern. Das ist deshalb so wichtig, weil die Wirkung des Trainings auf einzelne Komponenten durch die Inhalte der selben und den vorherigen Trainingseinheiten beeinflusst werden kann. Um gezielte Verbesserungen in reaktiven Kraftfähigkeiten anzustreben, muss das Training ausgeruht erfolgen und sollte deshalb zeitlich getrennt vom Ausdauertraining eingeplant sein. Schaut man sich die Belastungsstruktur der klassischen Ausdauersportarten an, fällt auf, dass gerade im Triathlon (ab Mitteldistanz) und im Langstreckenlauf recht gleichmäßige Belastungen das Wettkampfgeschehen dominieren. Im Radsport sind die Belastungen hingegen wesentlich breiter gestreut. Man darf nun nicht den Fehler machen zu glauben, dass nun die Langdistanz komplett ohne Intervalltraining und als Gegenbeispiel eine Vorbereitung auf eine Saison voller Kriterien im Radsport ausschließlich mit Intervalltraining ablaufen muss. Teilweise finden sich sogar Vermutungen in der Trainingsliteratur, dass sich intensives Training negativ auf die Grundlagenausdauer auswirken könnte, während andere Autoren die möglichen Gefahren komplett ignorieren.  Im Bereich der Trainingslehre wird das Zusammenwirken solcher Effekte weitaus differenzierter betrachtet und diskutiert. Allgemein kann man aber sagen, dass man eher nicht pauschal von einer negative Beeinflussen der Grundlagenausdauer durch Intervalltraining sprechen kann (wenn das GA-Niveau hoch ist). Vielmehr zeigen sich in Abhängigkeit der Erholungsphasen unterschiedliche Effekte, denen eher positive Entwicklungen zuzuschreiben sind. Dazu kommt, dass je nach Intervallkonfiguration auch die Effekte variieren können. Grundsätzlich zu beachten ist, dass intensive Trainingsformen immer durch ausreichende Regeneration kompensiert werden müssen. Gleichzeitig ist das Intervalltraining aber sicher nicht die Methode, um ein Ausdauertraining zu ersetzen, auch wenn positive Effekte auf die Ausdauer (Steigerung VO2max, Fettstoffwechsel (??)) unstrittig sind.

Der intensive Stoffwechselweg

Die aerobe Energiebereitstellung arbeitet ökonomischer als die anaerobe Energiebereitstellung. So können lockere Belastungen länger aufrecht erhalten werden als intensive Leistungen oberhalb der anaeroben Schwelle. Aufgrund des geringeren Energiedurchsatzes kann das aber nur für geringe Intensitäten gewährleistet werden. Steigt die Beanspruchung, werden zunehmend anaerobe Stoffwechselwege herangezogen, um den Energiebedarf zu decken. Das liegt daran, dass so mehr Energie schneller bereitgestellt wird. Nur so kann die muskuläre Bewegung weiter fortgeführt oder sogar gesteigert (Antritt) werden. Zunehmend anaerobe Belastungen sind also gekennzeichnet von einem höheren Energiedurchsatz pro Zeit in einem Muskelabschnitt. Allerdings steigt so auch die "Ermüdung" sehr stark an, da vermehrt Laktat und andere Stoffwechselzwischenprodukte wie Ammoniak angehäuft werden. Der ph – Wert des Blutes steigt. Da auch in Ruhe immer wieder auch kurzzeitig Bewegungen mit plötzlich ansteigendem Energiebedarf vorkommen, sind Laktatwerte von 0,8 - 1,5 mmol/l Blut normal!

 

Intensives Training bewirkt vieles!

Die Grundlagenausdauer wird vornehmlich in der Dauermethode trainiert. Dabei werden bei gleichmäßigem Tempo unterhalb der individuellen anaeroben Schwelle angesiedelte Ausdauerreize gesetzt. Trainieren Sie ausschließlich Ihre Grundlagenausdauer, können die anaeroben Kapazitäten deutlich an Leistungsfähigkeit verlieren. Das liegt daran, dass die an der anaeroben Energiebereitstellung beteiligten Enzymsysteme erst umfangreich angesprochen werden, wenn anaerobe Energiegewinnung gefordert wird. Entgegen früheren Annahmen scheinen Sie zudem auch über intensives Training wichtige Effekte für die Ausdauerleistungsfähigkeit grundlegend trainieren zu können (1). Sie verbessern mit gezielten anaeroben Intervallen also auch Ihre aerobe Leistungsfähigkeit. Das zeigen verschiedene Studien, die unterschiedliche Intervallformen in Bezug auf Trainingsanpassungen untersuchten (2). Interessanterweise sollen Intervalle neben der Wirkung auf die metabolischen Prozesse auch die Bewegungsökonomie verbessern. Das könnte daran liegen, dass die motorischen Programme bei höheren Intensitäten auch deutlich höhere Innervationsraten aufweisen und so Lerneffekte auch in der Koordination zu erwarten sind.

 

Welche Intervallformen gibt es?

Neben intensiven Intervallen in verschiedenen Belastungskonfigurationen gibt es auch extensive Intervalle. Während letztere eher im Bereich der anaeroben Schwelle stattfinden, sind intensive Intervalle oberhalb angesiedelt. Auch die Pausengestaltung ist ein wichtiger Aspekt bei der Trainingsplanung.

Grundsätzlich sind viele weitere Belastungsformen denkbar. Letztendlich sollte die Planung von Intervallen immer eng an Ihren Fähigkeiten ausgerichtet sein. Wird Ihre persönliche Kondition berücksichtigt, sind der Kreativität Ihres Trainers oder Ihrer Trainerin keine Grenzen gesetzt!

 

Wer profitiert vom Intervalltraining

Auch wenn Intervalltraining in verschiedenen Vergleichsstudien einem kontinuierlichen Training überlegen ist, müssen Sie solche Studien mit Vorsicht interpretieren. In einem Internet Triathlon Magazin wurde kürzlich eine Studie zum Intervalltraining vorgestellt. Darin war von Tabata – Intervallen die Rede. Der Namen des Studienverfassers wurde dabei auf alle Intervalle übertragen. Von dem propagierten Motto „trainieren Sie weniger und profitieren Sie von den Effekten der Intervalle“ sollten Sie aber erst einmal Abstand nehmen. Auch wenn intensives Intervalltraining aerobe und anaerobe Kapazitäten jeweils beeinflussen kann, bedeutet das nicht, dass Sie Grundlagentraining allein durch Intervalle ersetzen können! Je nach Sportart bleiben Ihnen Grundlagenkilometer nicht erspart und sind je nach Sport die deutlich wichtigere Trainingsmethode. Auf der anderen Seite kann der intelligente Einsatz von Intervallen ein wichtiger Baustein im Trainingsprozess sein. Gerade wenn Sie bereits ein hohes Trainingsalter haben, können Sie von Intervalltraining profitieren. Das gilt auch, wenn Sie bereits eine sehr gut ausgeprägte Grundlagenausdauer haben. Gerade dann sind intensive anaerobe Intervalle eine vielversprechende Möglichkeit neue Trainingsanpassungen zu provozieren (3). Sie müssen aber beachten, dass intensives Training aufgrund der größeren Ermüdung, längere Regenerationszeiten benötigt. Sie sollten deshalb, wenn Sie Intervalle trainieren, während der Pausen immer Ihren Puls im Blick haben! Geht Ihre Herzfrequenz in der Pause nicht mehr deutlich zurück, sollten Sie die Intervallserien beenden. Es gibt beim Intervalltraining ein "Zuviel", das relative schnell in Erscheinung treten kann. Statt Hysterie ist ein guter Trainer*in der richte Partner, um die Inhalte abzusprechen. Bitte nicht einfach Intervalle trainieren oder einplanen, weil es hip, cool und abwechslungsreich ist.

 

Wann trainieren Sie was?

Um Ihre Form nicht zu riskieren, müssen Sie auf jeden Fall darauf achten, dass Trainingsblöcken mit Intervallen immer wieder von Phasen mit reinem aerobem Ausdauertraining unterbrochen werden. Ihr Training sollte immer ausgewogen bleiben und lange Zeiträume mit Konzentration auf einzelne Stoffwechselbereiche sind eher selten. Das gilt für alle Sportarten.

 

Trainingstipps

  • Trainieren Sie variabel in allen Trainingsbereichen

  • Trainieren Sie auch als Langzeitausdauersportler intensiv

  • Führen Sie ein Trainingstagebuch

  • Trainieren Sie in sämtlichen Stoffwechselbereichen

  • Intensive Intervallen vergrößern die Regenerationszeiten

     

Fachsprache leicht gemacht

Intervalle – Abschnitte im Training, die mit besonderen Inhalten gefüllt werden

Grundlagenausdauer – Training in niedriger Intensität mit dem insbesondere der Fettstoffwechsel optimiert werden soll

Anaerobe Schwelle – Punkt in der Laktatkurve, an dem sich die Laktatproduktion und der Laktatabbau noch die Waage halten

 

 


[1] Medicine and Science in Sports and Exercise, 1996, Bd. 28 (10), S. 1327–1330.

[2] Medicine and Science in Sports and Exercise, 1997, Bd. 29 (3), S. 390–395.

[3] Sports Medicine, 2002, Bd. 32 (1), S. 53–73.

Enjoy this post?

Buy Dennis Sandig a coffee

More from Dennis Sandig